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Steuern / Verfahrensrecht 
Mittwoch, 15.10.2025

Unkenntnis der Finanzbehörde bei einer Steuerhinterziehung durch Unterlassen

Elektronische Daten, die nicht automatisch zur Papierakte/elektronischen Akte gelangen, sondern lediglich auf Datenspeichern der Finanzbehörde zum Abruf bereitliegen, sind nicht schon deshalb bekannt, weil sie mit der Steuernummer des Steuerpflichtigen verknüpft sind. Zur Beantwortung der Frage, ob die Finanzbehörde Kenntnis von den für die Steuerfestsetzung wesentlichen tatsächlichen Umständen hat, stellt der Bundesfinanzhof zudem auf diejenigen Personen ab, die innerhalb der zuständigen Finanzbehörde organisationsmäßig für die Bearbeitung des Steuerfalls berufen sind bzw. die den (zu ändernden) Steuerbescheid erlassen haben (Az. VI R 14/22).

In den vor 2009 liegenden Jahren hatte allein der Ehemann Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit. Ab 2009 erzielte auch die Ehefrau Einkünfte. Daraus ergab sich, dass eine Einkommensteuererklärung von den Ehegatten abzugeben war. Dieser Pflicht kamen die Eheleute nicht nach, das Finanzamt erhielt erst im Jahr 2018 durch die zuständige Oberfinanzdirektion Kenntnis von diesem Sachverhalt und erließ daraufhin die beiden hier strittigen Steuerbescheide. Dabei ging das Finanzamt davon aus, dass die Nichtabgabe der Steuererklärungen wegen des Unterlassens eine Steuerhinterziehung (gem. § 370 AO) zur Folge hatte. Nur infolge dieser Beurteilung wäre die Verjährungsfrist (gem. § 169 Abs. 2 Satz 2 AO) auf 10 Jahre verlängert worden und – unter Berücksichtigung von § 170 Abs. 2 Nr. 1 AO – noch nicht abgelaufen gewesen. Strittig war im Urteilsfall aber, ob das Finanzamt im Zeitpunkt des Abschlusses der wesentlichen Veranlagungsarbeiten für die Jahre 2009 und 2010 bereits Kenntnis von den Pflichten und ihrer Versäumnis durch das Ehepaar hatte. In diesem Fall hätte gar keine Steuerhinterziehung vorgelegen. Das Finanzgericht sah in den Zugriffsmöglichkeiten des Finanzamts auf die Datenbank eine Kenntnis des Finanzamts (im Sinne von § 370 AO) und verneinte damit die Verlängerung der Festsetzungsfrist auf 10 Jahre.

Der Bundesfinanzhof geht davon aus, dass erst dann eine Kenntnis des Finanzamts vorliegt, wenn der zuständige Sachbearbeiter die Informationen anderer Dienststellen tatsächlich zu den Papierakten oder der elektronisch geführten Akte genommen hat. Das war hier nicht der Fall, sodass die Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen war. Ob aber tatsächlich in dem Verhalten der Eheleute eine Steuerhinterziehung liegt, hat das Finanzgericht nicht abschließend geprüft. Ob hier im Unterlassen bereits der Vorsatz zur Steuerhinterziehung gelegen hat, muss das Finanzgericht jetzt nach der Aufhebung des Urteils durch den BFH prüfen und danach erneut entscheiden.

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